Räuber, Biber und ein roter Flitzer: Unterwegs im Freizeitexpress
Mit etwas Glück einen Biber durch das Zugfenster entdecken, den spannenden Geschichten eines Räubers lauschen und dabei mit Familie oder Fahrrad unterwegs sein zu den schönsten Ausflugsregionen in Baden-Württemberg: Die Freizeitexpresse machen es möglich.
Insgesamt 20 Freizeitexpresse bringen ihre Fahrgäste zu beliebten Ausflugsregionen in Baden-Württemberg – zum Wandern, als Ausgangspunkt für Radtouren oder zu den vielen Sehenswürdigkeiten entlang der Strecken. Die Züge bieten meist Platz für besonders viele Fahrräder, einige sind historische Fahrzeuge oder fahren auf besonderen, sonst nicht befahrenen Strecken – lohnende Ausblicke aus dem Zugfenster, eine kostenlose Fahrradmitnahme und viele besondere Aktionen inklusive. Von Mai bis Oktober sind die Freizeitexpresse unterwegs, jeweils am Wochenende und an den meisten Feiertagen. Also: Einsteigen und das Land neu entdecken!
Was die Freizeitexpresse zu bieten haben:
- kostenlose Fahrradmitnahme und besonders viele Radabstellplätze auf dem Weg zum Bodensee
- saisonale Fahrpläne an den Wochenenden von Mai bis Oktober (und vielen Feiertagen)
- nachhaltige Freizeitgestaltung
- landschaftlich reizvolle Streckenführungen, auf teils sonst nicht befahrenen Strecken
- Bahnhöfe als ideale Ausgangspunkte für Radtouren, Wanderungen oder Sightseeing
- teilweise historische Fahrzeuge
- immer wieder besondere Aktionen in den Zügen und an den Zielorten
Unterwegs im Räuberland und im verwunschenen Moor
Mit ihren Mooren, Höhenzügen und Seen ist die Gegend zwischen Allgäu und Bodensee landschaftlich beeindruckend, und hat zudem eine abenteuerliche Vergangenheit, um die sich viele Sagen und Geschichten ranken. In der einst bettelarmen Gegend trieben Räuber ihr Unwesen, die versuchten mit Raubzügen das Überleben ihrer Familien zu sichern. Die Region war bei Gaunern sehr beliebt, da sie bei der Flucht vor ihren Verfolgern einfach über eine der vielen Ländergrenzen entwischen konnten.
Davon erzählt ein Nachfahre des berühmt-berüchtigten Gauners Max Elsässer, der regelmäßig an Bord der Räuberbahn ist. Er entführt sein Publikum mit spannenden und humorvollen Geschichten in die räuberische Vergangenheit der Region. Organisiert hat diese Aktion der Förderverein der Räuberbahn. „Mit zahlreichen Aktionen wie Eselwanderungen, Naturführungen oder unserem beliebten Räuber bieten wir den Räuberbahn-Gästen über die gesamte Saison hinweg ganz besondere Bahnerlebnisse und wollen so unsere Freude am Zugfahren mit anderen teilen. Der Freizeitbetrieb der Räuberbahn ermöglicht es uns, die historische Bahnlinie zwischen Pfullendorf und Althausen zu erhalten“, so Matthias Boden, der Vorsitzende des Fördervereins.
Auch wenn bereits die Bahnfahrt viel Unterhaltung verspricht, beim Ausstieg aus dem Zug warten weitere Abenteuer: Die Zwischenstopps der Freizeitexpresse Räuber- und Moorbahn entlang der Strecke zwischen Pfullendorf und Bad Wurzach sind ideale Ausgangspunkte für Sightseeing und ganz unterschiedliche Touren. Hier gibt es gut ausgeschilderte Fahrrad- und Wanderwege, die historische Fachwerkstadt Pfullendorf, das Schloss Aulendorf (übrigens auch bwegtPlus-Partner), das Naturfreibad im Hoßkirchner Königseggsee oder das Wurzacher Ried – eines der bedeutendsten Hochmoore Süddeutschlands – um nur einige Highlights zu nennen. Besonders bei der Räuberbahn ist auch das Leuchtturm-Projekt Bürgerbahn: Ehrenamtliche Bürgerinnen und Bürger fahren an Samstagen zusätzliche Freizeitzüge und ergänzen so den Fahrplan der Freizeitexpresse.
Auf dem Streckenabschnitt zwischen Aulendorf und Bad Wurzach fährt die Moorbahn, deren Geschichte eng mit dem Moor und dem Torfabbau verbunden ist. Mehr als 200 Jahre lang wurde in Oberschwaben Torf gestochen, jetzt holt sich das Moor die Natur wieder zurück: Durch die Zugfenster lassen sich Vögel, Wildtiere und seltene Pflanzen im Moor-Biotop beobachten. Noch näher dran ist man zu Fuß oder auf dem Rad: Unzählige Wander- und Fahrradrouten verlaufen durch die abwechslungsreiche Landschaft, in der heute noch überall Spuren des Torfabbaus zu entdecken sind – vorbei an alten Torfwerken, Torfstichen und Gräben.
Eine wiederbelebte Bahnstrecke im Dreiländereck
Dass heute wieder Züge über die längst in Vergessenheit geratene Bahnstrecke zwischen Donau und Bodensee rollen, ist regionalen Initiativen wie dem Förderverein Ablachtalbahn zu verdanken. Dank eines gemeinsamen Engagements von Bürger:innen, parteiübergreifender Politik und Eisenbahner:innen ist es gelungen, eine 40 Kilometer lange Strecke im Tal der Ablach aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken. Seit Juli 2021 verbindet der Freizeitexpress Biberbahn die an der Donau gelegene Ortschaft Mengen und das Dreiländereck Baden/Hohenzollern/Württemberg mit Radolfzell am Bodensee.
Frank von Meißner ist Vorstandsmitglied des Fördervereins Ablachtalbahn und Eisenbahnbetriebsleiter des kommunalen Bahnstreckenbetreibers. Wer ihn vom Betrieb der Biberbahn erzählen hört, bemerkt direkt seine Begeisterung: „Die Biberbahn haucht der historischen Bahnstrecke neues Leben ein und das lässt mein Eisenbahnerherz höherschlagen. Doch worum es wirklich geht, das sind die Menschen, denen die Biberbahn so viel Freude macht und die ihnen viele Freizeiterlebnisse in der Region ermöglicht. Dafür haben wir ein vielseitiges Begleitprogramm auf die Beine gestellt – es lohnt sich also einzusteigen.“
Entlang der alten Trasse ist der Biber ein ständiger Begleiter der Bahn, die seinen Namen trägt. Feuchtgebiete und Baggerseen bieten einen idealen Lebensraum für die geschützten Tiere. Bei der Fahrt durch das Tal der Ablach zeigen sich im Fluss die Bauten der fleißigen Arbeiter. Angenagte und umgestürzte Bäume zeugen von seiner Anwesenheit, auch wenn er selbst selten zu entdecken ist.
Für alle, die mehr erfahren möchten, finden regelmäßig Erlebniswanderungen auf den Spuren des Bibers oder Führungen zur Geschichte der Ablachtalbahn statt. Wer mit dem Fahrrad unterwegs ist, kann auf dem Biberbahn-Radweg spektakuläre Ausblicke ins obere Donautal genießen. Und vom Halt in Meßkirch lohnt sich ein Abstecher zum bwegtPlus-Partner Campus Galli, wo mit mittelalterlichen Mitteln ein Kloster entsteht – ganz ohne Maschinen und modernes Werkzeug. Weitere bwegtPlus-Partner in der Nähe: das Martin-Heidegger-Museum sowie das Kultur- und Museumszentrum Schloss Meßkirch.
An Bord des „Roten Flitzers“
Wenn sich die Türen des „Roten Flitzers“ schließen, beginnt für die Fahrgäste eine Reise in die Zeit des Wirtschaftswunders. Der Uerdinger Schienenbus aus den 50er und 60er Jahren vermittelt die Aufbruchstimmung jener Zeit und lädt ein zu einem außergewöhnlichen Bahnerlebnis: An Bord des Freizeitexpresses Krebsbachtäler können Fahrgäste die ungewohnte Perspektive des bzw. der Lokführer:in einnehmen und ihm/ihr während der Fahrt über die Schulter schauen – oder sich entspannt zurücklehnen und einmalige Panoramablicke aus dem rundum verglasten Roten Flitzer genießen.
Mit gemütlichen 60 Kilometer pro Stunde schaukelt der historische Zug auf seiner 17 Kilometer langen Strecke durch die malerische Landschaft zwischen Kraichgau und Odenwald. Das namensgebende Krebsbachtal wird auch „Land der 1000 Hügel“ genannt und liegt eingebettet in Wald und Wiesen zwischen Rhein und Neckar. Über die 1000 Hügel führen zahlreiche Wanderrouten und Radwege, die aufgrund der geringen Steigung auch für Familien ideal geeignet sind.
Von Obergimpern führt eine entspannte Radtour zum Kurort Bad Rappenau mit seinem Sole-Heilbad. Und von Siegelsbach aus ist die Burg Guttenberg – ebenfalls ein bwegtPlus-Partner – ein lohnendes Wanderziel. Das Burggelände beherbergt eine Falknerei mit über 80 Großgreifvögeln sowie ein Burgmuseum.
Mit dem Kloster-Express nach Maulbronn
Zum sehenswerten Kloster Maulbronn bringt Fahrgäste der Freizeitexpress Kloster Maulbronn von Mai bis Oktober von Pforzheim. An den Sonntagen vom 23. Juli bis 3. September 2023 verkehrt zusätzlich auch wieder der „Kloster-Flitzer“ von Stuttgart Hauptbahnhof direkt nach Maulbronn und zurück. Die ehemalige Zisterzienserabtei ist eine der bedeutendsten Stätten des UNESCO-Welterbes und eine herausragende Sehenswürdigkeit. Aus der Zeit der Mönche haben sich die Wohn- und Wirtschaftsgebäude erhalten, die mit den Werkstätten und Speichern, idyllischen Fachwerkhäusern und versteckten Kräutergärten das geschlossene Ensemble einer ganzen Stadt mit lebendiger Atmosphäre bilden.
Ein Dreamteam: Freizeitexpress und Fahrrad
In die Pedale treten und die Umgebung auf dem Sattel entdecken – auf dem Rad steigt der Erlebnis-Radius rund um das eigene Zuhause im Verglich zum Wandern erheblich. Die Freizeitexpresse legen da aber noch eine Schippe drauf und bringen Fahrräder und deren Besitzer:innen unkompliziert und nachhaltig in weiter entfernte Regionen in ganz Baden-Württemberg. Die Fahrradmitnahme ist in allen Zügen kostenlos, es gibt viele Radabstellplätze und die vielen Zwischenstopps mit Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten bieten abwechslungsreiche Alternativen zu den oft üblichen Rundradwegen.
Vor Ort lohnt sich der Blick auf die interaktive Karte der Initiative RadKULTUR. Darin finden sich Service-Angebote und Veranstaltungen in ganz Baden-Württemberg rund ums Rad. Dazu gehören beispielsweise die RadService-Punkte: Das sind Reparatur-Stationen, an denen Radfahrende unterwegs einfach und bequem auf eine Luftpumpe und Werkzeuge zugreifen können.
Die Initiative RadKULTUR des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg macht die Begeisterung für das Rad fahren erlebbar und motiviert die Menschen, in ihrem Alltag auf das Fahrrad zu steigen – ob auf dem Weg zur Arbeit oder in der Freizeit. Das RadNETZ stellt die passende Radinfrastruktur bereit: ein weitreichendes Netz in Form von 8.000 Kilometern durchgängigen Fahrradverbindungen im Ländle. Die Freizeitexpresse laden alle Zugbegeisterten und Radfreund:innen dazu ein, diese vielfältigen Radwege in Baden-Württemberg zu entdecken.
Magazin-Artikel veröffentlicht am 22.05.2023